Ja! Richtig gelesen. Ich höre öfter mal den Satz „Mama geh weg!“
Und es ist ein leichtes, dann etwas irritiert und vielleicht sogar verletzt zu reagieren und wirklich weg zu gehen. Nur… warum eigentlich werde ich in einer Situation weggeschickt? Wenn ich dem nicht auf den Grund gehe und tatsächlich jedesmal ein klein wenig eingeschnappt den Raum verlasse – verliere ich dann nicht einen ganz wichtigen und wesentlichen Teil der Verbindung zu meinem Sohn?
Also habe ich angefangen umzudenken und diesem Satz auf die Spur zu gehen. Hier möchte ich von einem Beispiel berichten, wo es mir sehr gut gelungen ist. Es gibt immer wieder Situationen, in denen das Aktive Zuhören nicht klappt. Vielleicht weil ich selbst nicht die richtigen Eingebungen habe, ausgelaugt oder müde bin oder weil es einfach auch mal an der Tagesform liegt, wenn was nicht klappt. Mir ist einfach wichtig, dran zu bleiben und immer ein klein bisschen besser zu werden. Perfekt will ich gar nicht sein, ich möchte jeden Tag ein Stückchen weiterkommen. Und jeden Tag meinen Kindern zeigen, wie unendlich ich sie liebe und wie wichtig es mir ist, dass sie mir sagen können, was in ihnen vorgeht. Und ich möchte mich nicht von einem vielleicht krass klingenden Eröffnungssatz einschüchtern lassen. Im Gegenteil, diese krassen Sätze sehe ich mittlerweile als Eröffnung eines Gesprächs. Zugegeben, es sind mitunter drastische Eröffnungen. Nur dürfen wir nicht vergessen, dass wir mit (kleinen) Kindern sprechen, die vielleicht noch nicht so versiert und differenziert ausdrücken können, was sie tief im Inneren bewegt. Noch einmal umgedacht: sie brauchen unsere Hilfe, genau dieses tiefer sitzende Bedürfnis herauszufinden. Und freuen sich, wenn wir helfen.
Zurück also zu dem Satz.
Unser Großer schläft mittags gerne und lange und der Mittagsschlaf nimmt ungeahnte Ausmaße an, wenn wir ihn nicht wecken. Also wecke ich ihn. Manchmal funktioniert es gut gelaunt, manchmal sitzt er (verständlicherweise) weinend und brüllend im Bett. Und dann kam er, der Satz. „Mama, geh weg!“
„Du willst, dass ich weg gehe?“ – „Ja!“
„Du ärgerst dich über mich“. – „Ja!“
„Du willst, dass ich gehe und dich in Ruhe lasse?“ – „Ja!“
„Du willst lieber weiterschlafen und findest mich blöd weil ich dich geweckt habe“ – „Ja“
„Und wenn ich jetzt gehe… drehst du dich dann um und schläfst direkt wieder ein?“ – [langsam ein kleines Grinsen im Gesicht] „Ja!“
„Und sag mal, wenn ich jetzt gehe. Schläfst du dann eigentlich den ganzen Nachmittag?“ [das Grinsen wird breiter] „Ja!“
„Boahhh, du schläfst den ganzen Nachmittag bis zum Abend?“ – [ein strahlendes Kind sitzt in seinem Bettchen…] „Ja!“
„Na gut, dann geh ich jetzt. Und du drehst dich um und schläfst weiter! Tschüss Schatz!“
Und ja, ich bin dann wirklich gegangen. Dass unser Sohn mit diesem breiten Grinsen nicht nochmal einschlafen kann versteht sich von selbst, oder? Aber was viel, viel wichtiger ist: er hat bemerkt, dass ich ihn ernst nehme. Dass er so angenommen wird, wie er ist, und dass er sagen darf, was er denkt. Ohne dass ich mich angegriffen fühle.
Natürlich, am Ende war ich draußen aus dem Zimmer. Hatte aber ein lachendes Herz und ein lachendes Kind. Ist das nicht herrlich?