Stress

Stress ist zunächst eine ganz natürliche Reaktion unseres Körpers, um veränderten Umweltbedingungen angemessen entgegentreten zu können. Unser Autonomes Nervensystem ist genau dafür gemacht und arbeitet wie der Name schon sagt autonom – wir brauchen nichts zu tun, um unseren Körper auf Kampf oder Flucht einzustellen. Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin werden ausgeschüttet und damit einhergehend weiten sich die Bronchien und erhöht sich der Herzschlag (begleitet von einigen weiteren Reaktionen). Das Blut wird von den Organen in die großen Muskelgruppen an Armen und Beinen gepumpt, um bereit zu sein für die richtige Reaktion: Fight or Flight – kämpfen oder flüchten.

In der heutigen Zeit lauert nicht hinter jeder Ecke ein Säbelzahntiger, stattdessen reagieren wir auf allerlei andere „alarmierende“ Situationen. Welche Situationen das genau sind, ist von Mensch zu Mensch völlig unterschiedlich und kann nicht allgemein gültig für alle beschrieben werden. Was für den Einen ein Klacks ist, bringt die Andere in Atemnot und was wiederum sie mit links erledigt bringt vielleicht mich gehörig ins Schwitzen. Sicher kennst du das gut. Und eine einzige herausfordernde Situation stecken wir alle noch ziemlich gut weg. Das, was wir landläufig unter „Stress“ verstehen, ist eine Aneinanderreihung dieser herausfordernden Situationen. Sie treten also so dicht hintereinander ein, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes gar nicht mehr zum Durchschnaufen kommen.

Unser Körper hält dann diesen „allezeit bereit“-Zustand ständig aufrecht – wir wären ständig dafür gerüstet, dem Säbelzahntiger zu begegnen… Nur, dass da ja kein Tiger ist, um zu kämpfen oder zu flüchten. Was deshalb verhängnisvoll ist, weil die Anspannung im Körper gar nicht mehr abgebaut wird. Dafür wäre manchmal der Säbelzahntiger wirklich hilfreich 😉

Denn je seltener wir zu Erholungsphasen kommen, desto öfter sind wir körperlich auf 180 und unsere Fähigkeit, Stress-verursachende Situationen leichter wegzustecken, sinkt dahin. Wichtig wäre, immer wieder in Ruhephasen einzutauchen und Körper (und Geist) vollständige Erholung zu gönnen. Dieser Prozess wird auch Resilienz genannt und beschreibt die Fähigkeit, sich zu erholen und auf Änderungen zu reagieren.

Leichter gesagt als getan?

Genau hier setzt Yoga an, und zwar nicht erst neuerdings sondern schon sehr, sehr lange. Im Yoga nehmen wir wechselnd aktive und passive Positionen ein und unser Körper lernt nach und nach, in kürzester Zeit wirklich zu entspannen und Stress abzubauen.

Vielleicht hast du das sogar selbst bereits erlebt und dich gefragt, warum du in der Schlussentspannung in Rückenlage auf dem Boden so weich liegst und fast wegschläfst. Genau das ist die Entspannung, die der Körper im Yoga lernt, die so unglaublich wichtig für jede(n) von uns wäre. Eine Entspannung, die so viel tiefgreifender ist als die, die wir manchmal auf der Couch vor dem Fernseher suchen… denn hier arbeitet unser Geist weiter und verarbeitet Eindrücke. Der Körper lernt auf der Couch leider nicht von alleine, wie er in die Entspannung kommt und ja, ich hab mir das auch schon paarmal gewünscht.

Bitte versteh mich hier nicht falsch, Abende auf der Couch haben durchaus ihren Reiz und ich möchte sie nicht grundsätzlich in Frage stellen. Es ist nur leider so, dass wir alle unter Stress zu Verhaltensmustern neigen, die uns weiter in die Bredouille treiben. Anstatt uns mit Bewegung, frischer Luft und gesunder Ernährung einen bewussten und gesunden Ausgleich zu verschaffen, beginnen wir, uns immer weniger zu bewegen, drinnen zu bleiben und zur Chipstüte zu greifen. Das haben Studien der Harvard Medical School mehrfach belegt. Ebenso belegen diese Untersuchungen, dass wir mit einer Änderung unserer Gewohnheiten sehr, sehr viel erreichen können. (Falls du interessiert bist: Sat Bir S. Khalsa, PhD: Yoga for Stress and Resilience in a Modern Society auf Youtube)

Entspannung ist tatsächlich etwas, wofür wir etwas tun können und auch müssen. Etwas, das wir uns beibringen können, und damit meine ich sowohl Körper als auch Geist/Verstand. Denn ist unser System einmal „raus“, dann findet das Autonome Nervensystem nicht mehr von alleine zurück in den Ruhezustand. Wenn wir allerdings einige Entspannungstechniken beherrschen, gelingt es uns vielleicht, bei der nächsten herausfordernden Situation zwei/drei tiefe Atemzüge zu nehmen. Oder frische Luft zu schnappen. Oder eine Meditationstechnik anzuwenden. Vielleicht gelingt es uns, danach wieder in unseren Ausgangszustand zurück zu kommen. Wie ein Fluss, der einen großen Stein umspült, ohne sich von ihm beirren zu lassen.