Heute möchte ich einen Zaubermoment teilen mit meiner Tochter. Sie ist aktuell 3 Jahre alt, hat lange Haare und Locken. Und wegen der Locken ist es für sie eine Herausforderung, die Haare kämmen, sortieren oder frisieren zu lassen – es ziept einfach, egal wie vorsichtig ich bin.
Wir haben verschiedene Varianten ausprobiert, von Spangen über Haargummis oder Haarbänder – es bleibt dabei. Berühre ich ihre Haare, ziept es für sie an der Kopfhaut und das ist ihr richtig unangenehm. Dieses Unangenehm-Gefühl sagt sie mal laut, mal leise, mal mit einem Gefühlsausbruch, mal mit weglaufen, mal mit allem auf einmal. So, wie eine Dreijährige sich eben um sich kümmert.
Nun sind wir auf die Idee gekommen, dass ich ihre Haare mit bloßen Händen sortiere, Strähne für Strähne. Das dauert eine Weile, doch so kann ich weitestgehend sicherstellen, dass ich mit einer Hand die Strähne halte und mit der anderen entknote. So ist es für sie sogar angenehm und wir genießen die Mama-Tochter-Zeit. Das passiert alle paar Tage mal, also dann wenn wir beide Zeit und Lust darauf haben. In Bedürfnis-Sprache: wenn meine Tochter Geborgenheit und Berührung braucht und ich ihr das über das Haar-Ritual erfüllen kann. Wir haben viele andere Strategien für Geborgenheit gefunden, auf die ich vielleicht ein andermal eingehe.
Nun der Zaubermoment von heute Morgen: wir haben gerade Sommer und dürfen die Kinder vor der Kita mit Sonnencreme eincremen. Meine Fürsorge, ihr Sonnenschutz. So weit, so normal. Nun ist es allerdings so, dass ich meiner Tochter ja Gesicht, Hals und Nacken auch eincremen möchte und die sind nunmal umrahmt von ihren Locken. Die Kunst ist also, die Haut einzucremen ohne die Haare zu erwischen – das würde ziepen und naja, du weißt worauf ich hinaus möchte.
Ich gebe dir den Wortlaut unserer Unterhaltung:
Ich, leicht angespannt und sichtlich gestresst, weil ich meine Hände voller Sonnencreme habe: „Ohhhh, da sind deine Haare. Die müssen weg, damit ich an dein Gesicht und deinen Nacken komme“
Sie, völlig klar: „Das sind meine Haare und mein Körper. Ich entscheide, dass die so sind. Und ich bin geliebt“
Sofort war ich im Herzen butterweich – und echt beeindruckt von dem dreijährigen Mädchen. „Da hast du ganz recht! Das sind deine Haare, du bist geliebt. Ich liebe dich, egal was du sagst, tust, oder wie deine Haare aussehen“
Das war das erste Mal, dass sie diesen Glaubenssatz „ich bin geliebt“ selbst gesagt hat. Außerdem hat sie erkannt, dass es um ihren Körper geht und dass sie jederzeit das Recht hat, „Stopp!“ zu sagen.
Danach haben wir die Haare vorsichtig beiseite geschoben, Hals, Gesicht und Nacken eingecremt. Ohne Drama und in purer Verbindung.
Später, beim Schuhe anziehen, durfte ich ihr einen Teil ihrer Haare flechten und mit Haargummi zur Seite binden. Für ihre freie Sicht. Nicht weil ich meine, dass man das so machen muss. Sie entscheidet. Und sie ist geliebt, bedingungslos.